Steinekloppen.

Damals, so um das Jahr 1979, schwang ich den Hammer unbeschwert und ohne nachzudenken. Wenn etwas nicht passte, wurde es passend gemacht und wenn gerade hier an diesem Fleckchen Erde ein Haus entstehen sollte wurde gebaut ohne darueber nachzudenken ob es jemals beendet werden kann.

Dirk und Sven im Jahre 1979 im Urlaub auf Pellworm beim Hausbau.

Schon 16 Jahre zuvor begann nebenbei bemerkt Don Justo in Spanien seine eigene Kathedrale zu bauen, ein wahnwitziges Vorhaben wird man damals gedacht haben. Nun baut er seid 45 (fuenfundvierzig!) Jahren an seinem Haus und ich kenne keinen Bericht, dass der heute weit ueber 80 Jaehrige, sein Vorhaben gestoppt haette. Er setzt einen Stein nach dem anderen auf einander, genauso wie wir in den siebziger Jahren, nur weil wir wollten, dass dort jetzt ein Haus stehen soll.
Nun sei es drum, Don Justo glaubt sein Haus bauen zu muessen – ich jedoch habe den Bau damals angestraengt, da mein Gefuehl mir zeigte das es nicht falsch ist hier ein Haus zu bauen, wenn man denn Spass daran hat. Ohne nachzudenken genoss ich eine Sache, hatte Spass dabei und beschraenkte niemanden in seiner so geliebten Freiheit. War es wirklich so? Wusste ich damals schon wo die Grenzen sind, die man bekanntlich nicht ueberschreiten soll? Mit sechs Jahren sollten die ersten Grenzen sicherlich schon gesteckt sein, wobei ich nicht glaube das bei dem Anblick so vieler schoener Steine mich dazu bewegen haette koennen den Hausbau zu unterbinden – egal ob auf einer Strasse oder eben dieser Wiese kurz vor der Hecke. Sind wir mal ehrlich, ich hab nicht nachgedacht und nur gefuehlt das ich ein Haus bauen moechte – alles andere war gleichgueltig wie die endlose Suche nach dem allumfassenden Sinn. Wenn man auf diese Erde kommt kennt man keine Grenzen, man hat keine Wissen ueber die Mitmenschen und darueber das sich manche Dinge in der Umgebung in der man sich befindet „gehoeren“ und andere wiederum nicht. Irgendwer muss dem kleinen Menschen zeigen wo der Hase langlaeuft, der Pfeffer waechst und der Keinohrhase seine Ohren hat, ansonsten wird er es nie erfahren. Wenn man nun nicht nachdenkt, sondern als grosser Mensch seinem Gefuehl folgt wird man schnell tief in sich drin spuehren und intuitiv handeln – man zeigt dem kleinen Mann wo die so allseits beschwoerten Regeln stecken und wie sie aussehen. Dieses Vorgehen funktioniert seit Jahrtausenden und hat in der Evolution seinen festen Platz. Dem Nachwuchs werden die wichtigsten Regeln zum Ueberleben mitgegeben. Die Löwin bringt ihren Kindern das Jagen bei, der Papa im Jungel seinem Sohn wie man sich vor Schlangen schuetzt und meines Erachtens sollte ein Elternteil in diesen Landen seinem Kind beibringen wie es sich in einer grossen Gemeinschaft von Menschen verhaelt und dabei seiner Intuition und seinem eigenen Gefuehl vertrauen. Wenn ich jemandem den Lebensweg weise kann es dabei nur mit Anweisungen gehen sagt mein Gefuel. Ich kann nicht mit jemanden der mich nach dem Weg fragt diskutieren wo es lang geht – ich muss es ihm zeigen, und das funktioniert mit einer gewissen Weisung. Diese ist natuerlich freundlich und liebevoll formuliert, doch wenn es geradeaus geht, dann geht es eben geradeaus und nicht rechts rum oder gar zurueck. Manchmal muss man dort Haerte walten lassen wo man am liebsten doch weich sein und vielleicht auch aus eigener Unsicherheit dem Wegsuchenden eine verstaendnisvolle Frage stellen moechte. Doch dieses fuehrt hier nicht zum Ziel. Erst wenn die Grundlagen bekannt sind kann Diskutiert und ueberhaupt Verstaendnis erwartet werden.
Woher soll ein Kind wissen wo es sein haus bauen darf und wo nicht? Woher soll es wissen, dass ein Stein zum Hausbauen da ist und damit Leute zu erschlagen. Woher soll das Kind wissen, dass der Hammer fuer die Steine ist und nicht fuer die Schaufensterscheibe im Laden nebenann. Woher soll es all diese Dinge wissen wenn man sie dem Kind nicht zeigt. Und dies funktionierte nicht mit warmen Worten, wenn ich als kleiner Junge den Hammer aus Lust doch auf den Fuss von meinem Bruder schwingen wollte. Konnte ja auch nicht, denn woher sollte ich wissen das der Fuss des Bruders fuer den Hammer tabu ist, woher sollte ich das Verstaendnis fuer den Schmerz des anderen haben, wenn nicht von den grossen Menschen um mich rum. Und ganz klar, da hilft kein partnerschaftliches Verhaeltnis zwischen Gross und Klein, da gehoert ein weisungsgeführtes Verhaeltnis her in dem selbstverstaendlich nicht die Liebe fehlt, das sagt schon immer mein Gefuehl und meine Intution. – Warum versuchen dann manchmal Eltern mit Ihren Kindern ueber ganz klare Regelverstoesse verstaendnisvoll zu diskutieren und wundern sich dann, dass sie weiterhin angespuckt werden?

In „Warum unsere Kinder Tyrannen werden“ schreibt Michael Winterhof ueber seine Meinung zu diesem Thema. Ich war nicht grossartig Erstaunt, dass sie meinem Gefuehl doch sehr nahe kommt und gleichzeitig komm ich ueberdies schnell mit Hermann Hesse ueberein dem Eigen-Sinn nicht unabgeneigt gegenueber zu stehen, so wie er es schon in diversen Werken tat, denn auch hier frage ich: Wie soll sich Eigen-Sinn ohne Erziehung entwickelt. Einer muss dem anderen zeigen wie man ein Haus baut, erst dann kann man es nach seinen Vorstellungen und Gefuehlen verwirklichen und es bauen wie man mag, dabei Grenzen ueberschreiten oder sich an Vorgaben halten. Wie es einem der Eigen-Sinn fuehlen laesst.

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